Jammertal Büro

jammern
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Puh, ist das wieder ein scheußliches Wetter heute. Die Fahrt zur Arbeit wird auch immer schlimmer: der ewige Stau, die übervolle U-Bahn, Verspätung hatte sie sowieso. Und dann dieser Stress im Büro: Die Kollegen sind gereizt, die Kunden nerven mit ihrer Anspruchshaltung, die Chefin weiß mal wieder überhaupt nicht, was sie will. Der Drucker streikt, jemand hat vergessen, Patronen nachzubestellen, und wenn man dann einen Kaffee braucht, stehen in der Teeküche ausschließlich benutzte Tassen … das ist alles so schrecklich, da möchte man am liebsten mal kräftig jammern!

Kommt Ihnen das bekannt vor? Vermutlich haben Sie selbst schon den einen oder anderen Tag erlebt, an dem alles schiefging und der nur mit viel Jammern zu ertragen war. Solche Tage gibt es.

Dann muss man sich einfach ein bisschen ausjammern. Erzählen, was einem alles widerfahren ist, und sich dafür trösten lassen. Dem Jammer des Kollegen lauschen und sich gemeinsam bemitleiden. Sich freuen, dass man einen Gesprächspartner gefunden hat, der einen versteht. Jammern verbindet nämlich und stärkt die Beziehung. Da geht es einem doch gleich besser …

Manchmal ist das Jammertal zu verlockend

Schwierig wird es erst, wenn man aus dem Jammern nicht mehr herauskommt. Man gewöhnt sich nämlich daran. Schlimmer noch: Wer überwiegend Negatives wahrnimmt und sich darüber ärgert oder darunter leidet, schärft seine Wahrnehmung für Negatives. Positives wird dann kaum noch bemerkt und erst recht nicht mitgeteilt. Wer viel klagt und nörgelt, gerät also immer tiefer ins Jammertal, wird immer unzufriedener und negativer und verbreitet miese Stimmung unter den Mitmenschen. Jammern ist auch noch ansteckend.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Haben Sie auch einen Miesepeter im Team, der täglich eine neue Klage verbreitet und um sich herum schlechte Laune schafft? Dann haben Sie sich bestimmt schon die Frage gestellt, wie Sie damit am besten umgehen sollen. Im Privatleben kann man schließlich den Umgang mit solchen Menschen vermeiden, im Job geht das meistens nicht.

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Hilfe zur Selbsthilfe

Im Umgang mit einem geübten Jammerer sollten Sie auf keinen Fall der Versuchung zum Mitjammern nachgeben. Nicht einmal dann, wenn ein Körnchen Wahrheit in der Klage steckt und Sie selbst gerade nicht die beste Laune haben. Nicht vergessen: Jammern wirkt selbstverstärkend und ansteckend.

Dagegen hilft eine einfache Strategie: Setzen Sie im Kontakt mit einem Dauerjammerer jeder Klage Positives entgegen, am besten etwas Größeres. Die Fahrt zur Arbeit nervt? Aber Sie haben Arbeit, noch dazu eine, die vielseitig und interessant ist. Arbeitslos zu sein wäre gewiss schlimmer. Im Büro ist es stressig? Zum Glück gibt es viel tun, weil die Geschäfte gut laufen – vielleicht gibt es dafür sogar eine Gehaltserhöhung oder eine Bonuszahlung. Die Chefin ist unentschlossen? Dafür ist sie offen für andere Meinungen und sehr kreativ.

So, und dann ist genug gejammert, gehen wir wieder an die Arbeit.

Vielleicht ist der Miesepeter enttäuscht, wenn Sie sich nicht zum Mitjammern bewegen lassen. Wenn er merkt, dass das dauerhaft so bleibt, wird er Sie vermutlich irgendwann damit in Ruhe lassen.

Jammern kann Strategie sein

Würden Sie eine Kollegin um Hilfe bei einem Projekt bitten, die Ihnen regelmäßig erzählt, wie gestresst und überlastet sie ist? Vermutlich nicht. Wer will schon so rücksichtslos sein und jemandem, der so viel Arbeit hat, noch mehr aufbürden? Dann versuchen Sie eben doch, das Projekt allein hinzukriegen oder jemand anderen aufzutreiben, der Sie unterstützen kann. Das ist nett von Ihnen. Und möglicherweise sehr clever von der ach so gestressten Kollegin.

Jammern ist nämlich auch eine erprobte Abwehrstrategie: Wer viel klagt, nimmt sich selbst als Opfer wahr und will auch von anderen so gesehen und behandelt werden. Als Opfer hat man ein Recht auf Mitgefühl und Schonung. Als jemand, der es sich im Jammertal auf Kosten der Kollegen gemütlich gemacht hat, aber nicht.

Überlegen Sie also genau, ob die Person, die am meisten klagt, tatsächlich am stärksten belastet ist. Falls nicht, bleiben Sie freundlich im Ton, aber hart in der Sache: „Ich weiß, du hast viel zu tun, aber das haben wir doch alle. Bis Montag bekommst du das sicher hin. Danke für deine Unterstützung!“

Die Autorin Barbara Kettl-Römer ist Autorin mehrerer Ratgeber, darunter „Kundenorientierte Korrespondenz. Zeitgemäß, stimmig und rechtlich einwandfrei schreiben“ sowie „Wege zum Kunden. Akquise für Existenzgründer, Freelancer und Kleinunternehmer“, beide Linde International.
www.kettl-roemer.de