Wie Sie dem Perfektionismus den Kampf ansagen

Perfektionismus
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Gehören Sie auch zu denjenigen, die Aufgaben nur abschließen können, wenn Sie sie mehrfach überarbeitet und kontrolliert haben? Die nichts delegieren, sondern alles selbst machen – „damit es ordentlich erledigt ist“? Dann sind Sie dem Perfektionismus verfallen – einem der größten Zeitfresser überhaupt.

Es ist gut und richtig, im Job ehrgeizig und gewissenhaft zu sein, die gestellten Anforderungen zu erfüllen. Weniger gut ist allerdings, sich dabei an Kleinigkeiten aufzureiben. Und völlig falsch ist es, sich aufgrund von überzogenen Erwartungen an sich selbst in eine totale Überlastung hineinzuarbeiten. Höchste Zeit also, gegen übertriebenes Leistungsstreben anzugehen.

Wann Perfektionismus Ihnen und anderen schadet

In der Forschung wird zwischen funktionalem und dysfunktionalem Perfektionismus unterschieden. Funktionaler Perfektionismus bringt uns dazu, unser Bestes zu geben und motiviert uns. Wenn aber einmal ein Fehler geschieht, können wir ihn auch akzeptieren. Dysfunktionaler Perfektionismus hingegen führt zu einer regelrechten Angst vor Fehlern, zu massiven Versagensängsten und zu Kontrollsucht.

Perfektionismus – ein verzeihliches Laster?

Vielen gilt Perfektionismus als eine Art „verzeihliches Laster“. Die halb entschuldigende Aussage „Ich bin ein Perfektionist“ steht weit oben auf der Liste der Fehler, die schulterzuckend hingenommen werden. Wer dies von sich selbst sagt, räumt also einen Fehler ein, sagt aber gleichzeitig, dass dies ja nicht so schlimm sei. Und dass er sich deshalb ja auch nicht ändern müsse.

Manche Menschen sehen in ihrem Perfektionismus sogar eine Tugend. Sie seien halt sorgfältiger und gewissenhafter als alle anderen. Oft geht das mit einer Geringschätzung der Kollegen und Kolleginnen einher – solche Perfektionisten machen sich selbst zu Außenseitern.

Folgen des Perfektionismus

Dabei schadet übertriebener Perfektionismus allen: nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch dem Umfeld.

ACHTUNG!

Echter, ausgeprägter Perfektionismus macht krank! Typische Folgen sind Depressionen, das Burn-out-Syndrom und Zwangsstörungen. Stellen Sie Symptome dieser Erkrankungen bei sich fest, suchen Sie unbedingt einen Arzt auf.

  • Heutzutage sind wir alle mit einer solchen Flut an Aufgaben konfrontiert, dass es schlicht unmöglich ist, alles mit hundertprozentiger Genauigkeit zu erledigen. Wer es dennoch versucht, landet schnell im Hamsterrad, macht Überstunden und schiebt dennoch einen riesigen Berg an Arbeit vor sich her. Unter dieser Dauerbelastung brechen dann viele zusammen.
  • Perfektionisten können nicht delegieren, weil sie glauben, nur sie allein könnten die Aufgabe zur vollständigen Zufriedenheit bearbeiten. Aber es belastet das Betriebsklima, wenn Sie allen anderen misstrauen und deren Arbeit ständig hinterfragen. Höchstens sehr einfache und nebensächliche Aufgaben werden weitergegeben – nicht ohne eine genaue und kleinteilige Anleitung mitzuliefern, was getan werden muss.
  • Hinzu kommt der Kontrollzwang. Weil nur der Perfektionist weiß, wie eine Aufgabe gut und richtig ausgeführt werden kann, kontrolliert er die Ergebnisse anderer übergründlich. Und findet natürlich auch Kritikpunkte. Die Gefahr: Andere schließen Sie vom Informationsfluss aus, um „der Krittelei“ aus dem Weg zu gehen.
  • Perfektionisten brauchen für eine Aufgabe oft sehr viel länger als andere (und als es eigentlich notwendig wäre), weil sie alles doppelt und dreifach kontrollieren. Projekte können so immer wieder ins Stocken geraten. Schlimmstenfalls beschäftigen Sie sich mit Nebensächlichkeiten so lange, dass für wirklich wichtige Aufgaben keine Zeit mehr bleibt.

Wie Sie übertriebenen Perfektionismus in den Griff bekommen

Es soll an dieser Stelle natürlich nicht darum gehen, schlampig zu arbeiten oder bestehende Fehler einfach so hinzunehmen. Aber etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit dem Unperfekten hilft im Alltag ungemein.

Pareto hilft

Machen Sie sich bewusst, welche Aufgaben wirklich hundertprozentige Ergebnisse verlangen und bei welchen 80 oder 90 Prozent ausreichen. Dabei hilft die 80-20-Regel, entdeckt vom Italiener Vilfredo Pareto. Die besagt, dass wir mit den wichtigsten 20 Prozent unserer Aufgaben (unseres Aufwands) 80 Prozent unseres Erfolgs erzielen. Welche Ihrer Aufgaben gehören zu diesen wichtigsten 20 Prozent? Bei diesen lohnt es sich, besonders gewissenhaft zu arbeiten. Bei den restlichen 80 Prozent dürfen Sie etwas lockerer lassen.

Titelbild des sekretaria Magazins Ausgabe Februar 2024Dieser Artikel stammt aus dem sekretaria-Magazin. Wollen Sie mehr über die neuesten Trends im Office erfahren? Dann fordern Sie jetzt Ihr kostenloses Probeexemplar an!

Die Pareto-Formel des 80-20-Verhältnisses lässt sich auf viele weitere Bereiche anwenden. So schaffen wir gewöhnlich 80 Prozent der Arbeit in 20 Prozent der Zeit. Die Hauptleistung ist demnach schon früh erledigt. Die restlichen 80 Prozent unserer Arbeitszeit verbringen wir also damit, die übrigen 20 Prozent der Arbeit zu erledigen. In dieser Zeit „polieren“ wir also beispielsweise unsere Briefe, optimieren Grafiken oder kümmern uns darum, dass unsere Ablage noch ein wenig perfekter wird, als sie jetzt schon ist. Das ist in vielen Fällen unsinnig.

Fünf Tipps gegen übertriebenen Perfektionismus

  1. Überlegen Sie, in welchen Bereichen Perfektionismus wirklich angebracht ist. Natürlich gibt es Aufgaben, die ein sehr viel höheres Maß an Perfektion erfordern als andere. In der Schlusskontrolle beispielsweise eines Flyers geht es darum, höchste Qualität zu liefern – diesen sollten Sie also gründlich überprüfen. Wenn es aber darum geht, schnell eine interne Aktennotiz für einen Kollegen zu erstellen, reicht vielleicht auch ein unkorrigierter Text aus. Setzen Sie klare Prioritäten.
  2. Versehen Sie einzelne Aufgaben mit realistischen Zeitlimits. Es ist ein altes Phänomen, dass Aufgaben exakt so lange dauern, wie Zeit für sie eingeplant ist. Mit Zeitlimits verhindern Sie, dass Sie sich in der Tätigkeit verlieren.
  3. Vertrauen Sie Ihren Kollegen und Kolleginnen. Jeder und jede hat zunächst einmal den Wunsch, seinen Job gut und richtig zu machen. Auch wenn das Vorgehen von Ihrem abweicht, zählt am Ende nur das Ergebnis. Stellen Sie bei einer einzelnen Person regelmäßig große qualitative Mängel fest, ist das ohnehin ein Fall für Ihren Vorgesetzten.
  4. Verabschieden Sie sich von unrealistischen Vorstellungen. Fehler sind nicht schön, kommen aber bei jedem von uns vor. Und sie bieten uns die Möglichkeit, zu lernen und uns weiterzuentwickeln. Viele Entdeckungen und Erfindungen sind eigentlich gescheiterte Versuche, etwas ganz anderes zu entwickeln.
  5. Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie geschafft haben. Blicken Sie am Ende des Tages nicht auf den Stapel der unerledigten Dinge, sondern auf die Aufgaben, die Sie – wenn auch unperfekt – erledigt haben.

Die Autorin Cordula Natusch ist Chefredakteurin des sekretaria-Magazins, freie Texterin und Redakteurin für Unternehmenskommunikation sowie Bloggerin bei www.arbeiten-im-sekretariat.de.
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