Wer lässt wem den Vortritt?

Wer hat den Vorrang
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Manche Situationen im Geschäftsalltag sind wirklich filmreif! Stellen Sie sich folgende Szene vor: Es ist Feierabend und Sie wollen gemeinsam mit Ihrem Chef das Gebäude verlassen. Doch an der Tür wird es kompliziert: “Bitte, nach Ihnen!” – “Aber nein, bitte nach Ihnen!” Wer geht zuerst?Im Alltag wäre klar, wer wem den Vortritt lassen muss – immerhin sind Sie die Dame. Aber was gilt im Business? Da ist er Ihr Chef. Die Lösung finden Sie neben vielen anderen Kniggetipps speziell für Geschäftsfrauen im dritten Teil unseres Specials. Bei der nächsten Verwirrung an der Tür wissen Sie: Der Chef geht zuerst, es sei denn, er verzichtet auf die Geschäftsregeln mit einem “Ladies first!”

Mann und Frau im Business – hier gelten andere Regeln

Die Frage taucht immer wieder auf: Gibt es im Geschäftsleben spezielle Regeln, die nur Frauen beachten sollten? Die Antwort ist gar nicht so einfach: Es gibt zwar allgemeine Regeln, die für alle gelten, aber auch ein paar, die vor allem Frau beherzigen sollte.

Ausschlaggebend für die geschäftlichen Umgangsformen sind — im Gegensatz zu den allgemeinen Umgangsformen — zunächst einmal die Rangordnung und Position in einem Unternehmen. Halten Sie sich als Frau zurück und lassen Sie Ihren männlichen Chef als Erstes in den Aufzug steigen. Es spricht natürlich nichts dagegen, dass Sie sich von Ihren Kollegen die Tür aufhalten (wenn diese es noch tun!) oder sich in den Mantel helfen lassen.

Benimmregeln sind zum Anpassen da

Allerdings ist vieles im Umgang mit Menschen im Privat- wie im Geschäftsleben situationsabhängig. Verhalten Sie sich so, dass Sie für das Wohl des anderen sorgen und niemanden im Geschäftsleben bloßstellen. Sie verschaffen sich so Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Auf das “Spiel” mit Vorgesetzten, Geschäftspartnern und Kollegen können Sie sich aber nur dann flexibel einlassen, wenn Sie die Business-Etikette verinnerlicht haben. Dazu sollten Sie sich die Regeln nicht bloß “anlesen”, sondern ihr Wirken erleben. Beobachten Sie Menschen, die sich gut benehmen können. Achten Sie aber darauf, dass Sie von den richtigen Leuten lernen. Es kann sein, dass selbst Ihr Vorgesetzter nicht alle Regeln korrekt beherrscht.

Die höchste Tugend: Pünktlichkeit

Zu den wichtigsten Verhaltensregeln gehört die Pünktlichkeit. Unpünktlichkeit signalisiert fehlende Wertschätzung, denn man stiehlt anderen etwas Kostbares und Unwiederbringliches: Zeit. Musste jemand auf Sie warten, ist eine Entschuldigung natürlich unverzichtbar. Nennen Sie einen Grund für die Verspätung, denken Sie aber bitte daran, dass die “Im-Stau-gestanden-Geschichte” wenig Image fördernd ist. Stau sollte bei der Anreise einkalkuliert werden. Am besten Sie entschuldigen sich nur für das Zuspätkommen. Seien Sie souverän.

Wenn ein Zuspätkommen unausweichlich ist, informieren Sie die Beteiligten, bevor Sie zu spät eintrudeln. Am besten benachrichtigen Sie einen Kollegen, der sich schon am Meetingort befindet. So springt Ihre Nervosität und Hektik nicht auf die ganze Gruppe über. Wollen Sie sich nur mit einer Person treffen, informieren Sie diese direkt über Ihr Zeitproblem. Dann kann sie die Zeit noch sinnvoll nutzen.

Wer hat den Vortritt?

Wenn Sie mit mehreren Kollegen und einem Vorgesetzten auf eine Tür zugehen, möchten Sie weder als unhöflich, noch als unterwürfig gelten. Da fragt man sich: Wer hält nun wem die Tür auf? Türen, die Sie drücken, werden von dem Rangniederen oder dem Gastgeber geöffnet. Er geht durch und hält den Nachfolgenden die Tür auf.

Achten Sie dabei darauf, dass Sie nicht im Türrahmen stehen bleiben. Lassen Sie dem Ranghöheren soviel Platz, dass er durchgehen kann, ohne Sie zu berühren. Stoßen Sie die Tür nicht mit der Hand auf, um dann den Gast an sich vorbeigehen zu lassen! Diese Aktion ist nicht nur anstrengend, weil Sie sich leicht verkrampfen, wenn die Tür wieder zurückfällt. Es sieht auch merkwürdig aus und derjenige, der durch die Tür will, muss sich erst an Ihnen vorbeizwängen.

Für Türen, die Sie aufziehen, ist die Regel einfach. Der Rangniedere hält dem Ranghöheren die Tür auf und geht dann als Letzter durch die Tür.

Extratipp: Möchten Sie, dass man Ihnen die Tür aufhält, verlangsamen Sie einfach auf dem Weg zur Tür Ihren Schritt.

Sind Sie mit Mitarbeitern gleichen Ranges unterwegs, ist es durchaus gängig, sich abwechselnd die Tür aufzuhalten. Übergeben Sie hierbei einfach die Tür einem folgenden Kollegen, indem Sie ihn anschauen und sich zum Durchgehen vorbereiten. Jetzt wird der Kollege die Tür übernehmen müssen und sie für die nachfolgenden Kollegen aufhalten.

Ladies first?

Ein ranghöherer Mann kann entscheiden, ob er z. B. eine Mitarbeiterin vorgehen lassen möchte. Dann ergreift er selbst die Tür als Erster, evtl. sogar mit einem Kommentar wie “Ladies first” und bricht damit die Geschäftsregeln. Aber nur er darf dies entscheiden. Nehmen Sie als Frau Ihrem Chef nicht diese Entscheidung ab. Seien Sie auch nicht entsetzt, wenn Ihr Vorgesetzter sich diese Regel — hoffentlich wissentlich – herausnimmt und vor Ihnen durch die Tür geht.

Problemzone Drehtür

Drehtüren werden von einem Junior-Angestellten, dem Gastgeber oder der “stärkeren” Person als Erstes betreten und so positioniert, dass der nächste “einsteigen” kann. Er wartet, bis diese Person die Abteilung betritt und fängt dann an, die Drehtür zu drehen. Das funktioniert natürlich nicht bei automatisch rotierenden Türen! Hier geht die ranghöchste Person als erstes durch.

Anklopfen – ein Gebot der Höflichkeit

Wenn wir schon bei den Türen sind, was ist eigentlich mit geschlossenen Türen?

Grundsätzlich gilt, dass Sie an jede geschlossene Tür vor dem Eintreten kurz und hörbar anklopfen. Es ist als eine Art Warnung zu verstehen. Sie vermeiden so auch, dass Sie Kollegen oder Kunden unangenehm “ertappen”.

Wartet jemand in einem Meetingraum auf Sie und die Tür ist zu oder angelehnt, klopfen Sie kurz aber bestimmt an. Sie müssen hierbei aber nicht auf das “Herein!” oder “Ja, bitte!” warten. Beim Eintreten ohne vorheriges Anklopfen könnten Sie den Wartenden leicht erschrecken.

Steht die Tür zu einem Zimmer offen, der Kollege ist aber gerade beschäftigt und sieht Sie nicht, können Sie sich durch ein Klopfen an die Tür seine Aufmerksamkeit verschaffen.

Umgangsformen im Fahrstuhl

Auch das Betreten des Fahrstuhls erfolgt in einer gewissen Reihenfolge. Der Ranghöhere oder Gast betritt den Fahrstuhl als Erster und sollte ihn auch zuerst wieder verlassen. Ist der Fahrstuhl allerdings so klein bzw. voll, dass letzteres mit Gerangel verbunden wäre, gehen Sie der Reihe nach aus dem Fahrstuhl, wie es gerade am bequemsten geht.

Treppauf, treppab, aber bitte mit Anstand!

Auf der Treppe geht im Alltagsleben der Mann hinter der Frau die Treppe hinauf, um sie bei einem eventuellen Sturz aufzufangen. Hinunter geht der Mann aus dem gleichen Grund zuerst. Ist die Treppe breit genug, geht der Mann beziehungsweise die stärkere Person links (wenn er Rechtshänder ist), um eine eventuell fallende Personen halten zu können. Im Geschäftsleben ersetzen Sie die Dame durch den Ranghöheren oder Gast.

aus: Christina Tabernik, Anke Quittschau: Business Knigge für Frauen. Sicher auftreten im Beruf. Haufe Verlag.