Seitdem oder seit dem?

Rechtschreibung
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Wann müssen Sie „seitdem“ benutzen und wann „seit dem“? Wenn Sie vor dieser Frage stehen, hilft ein Blick in den guten, alten Duden nur bedingt weiter. Denn wenn Sie die Frage nach Getrennt- und Zusammenschreibung korrekt beantworten wollen, müssen Sie sich den Satzzusammenhang genauer anschauen.

Präposition, Konjunktion oder Adverb?

An dieser Stelle müssen wir etwas tiefer in die Grammatik eintauchen. Denn die Frage, ob es “seitdem” oder “seit dem” heißen muss, betrifft unterschiedliche Wortarten. Im Kern geht es um die Frage, ob es sich um eine Präposition (Verhältniswort) oder eine Konjunktion (Bindewort) bzw. Adverb (Umstandswort) handelt. Am besten lässt sich das anhand von Beispielsätzen erkennen.

“Seit” als Präposition/Verhältniswort

Analysieren wir einmal einen Beispielsatz: “Seit dem Mittagessen fühle ich mich schlecht.” Bei “seit” und “dem” handelt es sich um zwei verschiedene Wortarten, nämlich um ein Verhältniswort (seit) und einen Artikel (dem), die nur zufällig im Satz nebeneinander stehen und mit dem Bindewort “seitdem” verwechselt werden können.

Im Beispielsatz wird “seit” als temporale Präposition verwendet, als zeitliches Verhältniswort. Es geht also darum, den zeitlichen Bezug darzustellen. Im Beispiel wird der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Mittagessen und der Übelkeit geklärt: erst das Mittagessen, dann die Übelkeit.

Die zeitliche Abfolge könnte auch ganz anders sein: “Während des Mittagessens fühlte ich mich schlecht.” – nicht aber davor und danach, kann man in diesem Fall hinzufügen. Entscheidend ist, dass Präpositionen selbst zwar nicht gebeugt werden – seit bleibt also immer seit – wohl aber das Bezugswort, hier das Mittagessen. Aus “seit dem Mittagessen” wird bei einem anderen Verhältniswort “während des Mittagessens”. Einmal brauchen Sie den Dativ (Wemfall), bei einem anderen Verhältniswort den Genitiv (Wesfall).

Diese Beugung des Bezugsworts können Sie als Probe nutzen. Ersetzen Sie “seit” durch eine andere Präposition, die nicht den Dativ, sondern einen anderen Fall fordert: Verändert sich der Fall des Bezugsworts, schreiben Sie “seit dem” auseinander.

Extratipp: So wie die Präposition “seit” stets mit einem Bezugswort im Dativ und “während” mit dem Genitiv stehen muss, erfordern auch die meisten anderen Präpositionen immer einen bestimmten Fall. Welchen Fall Sie jeweils verwenden müssen, finden Sie ganz leicht heraus, indem Sie das Verhältniswort in einem Wörterbuch wie dem Duden nachschlagen.

Genauso gut können Sie auch versuchen, ein anderes Bezugswort mit einem anderen Geschlecht einzusetzen, zum Beispiel: “Seit der Mittagspause fühle ich mich schlecht.” In diesem Satz wurde das Mittagessen (sächlich) durch die Mittagspause (weiblich) ersetzt. Dadurch ändert sich der Artikel und es ist eindeutig, dass es sich bei “seit” um ein Verhältniswort handelt.

“Seitdem” als Konjunktion/Bindewort zwischen Hauptsatz und Nebensatz

Als temporale Konjunktion, also zeitliches Bindewort, leitet “seitdem” einen Nebensatz ein, es verbindet Satzteile miteinander. Wandeln wir unser Beispiel ein wenig um: “Seitdem ich Fisch zum Mittagessen gegessen habe, fühle ich mich schlecht“.

“Seitdem ich Fisch zum Mittagessen gegessen habe” ist hier der Nebensatz, der dem Hauptsatz untergeordnet ist. Über das Bindewort “seitdem” wird ein zeitlicher Zusammenhang hergestellt, allerdings zwischen zwei vollständigen Sätzen: “Ich habe Fisch zum Mittag gegessen” und “Ich fühle mich schlecht”. In beiden Satzteilen sind also gebeugte Verben enthalten, nämlich „habe“ und „fühle“. Das ist ein sicheres Kennzeichen für Sätze.

Eselsbrücken, mit denen Sie Verhältniswort und Bindewort auseinanderhalten können

Folgende Eselsbrücken helfen Ihnen, das temporale Bindewort “seitdem” von “seit dem” als Kombination aus Verhältniswort und Artikel zu unterscheiden:

  1. Analysieren Sie den Satz: Handelt es sich um Hauptsatz und Nebensatz, liegt eine Konjunktion vor, “seitdem” muss zusammengeschrieben werden.
  2. Ersetzen Sie “seitdem” durch “seit”. Bei einem Bindewort funktioniert das (“Seit ich Fisch zum Mittagessen gegessen habe …”). Bei der Kombination aus Verhältniswort und gebeugtem Artikel (“Seit dem Mittagessen …”) ist das nicht möglich, weil dann der Artikel wegfällt und im Satz fehlt. “Seit Mittagessen …”  – das ist kein richtiger, vollständiger Satz.
  3. Wenn Sie den Satz umbauen, steht “seitdem” weiterhin am Anfang des Nebensatzes: “Ich fühle mich schlecht, seitdem ich Fisch zum Mittagessen gegessen habe”. Anders als Präpositionen können Konjunktionen ihre Position im Satz/Nebensatz in der Regel nicht verändern.

So können Sie erkennen, wann Sie „seitdem“ zusammenschreiben müssen.

Übrigens funktioniert dies natürlich auch problemlos mit den Wörtern “nachdem” und “nach dem”.

“Seitdem” als Adverb/Umstandswort

Das Wort “seitdem” kann auch als sogenanntes temporales Adverb, also zeitliches Umstandswort auftreten. Die Schreibung ist die gleiche wie beim Bindewort: Auch das Adverb “seitdem” wird zusammengeschrieben. Der Unterschied ist jedoch, dass das Umstandswort “seitdem” nicht die Verbindung zwischen Hauptsatz und Nebensatz bildet, sondern den zeitlichen Bezug eines Hauptsatzes zu einem vorangegangenen Hauptsatz herstellt. Das lässt sich wieder anschaulich an unserem Beispiel erklären. Den geschilderten Sachverhalt können wir statt in einem Satz aus Haupt- und Nebensatz auch in zwei einzelnen Hauptsätzen darstellen: “Ich habe Fisch zum Mittag gegessen. Seitdem fühle ich mich schlecht.”

Und wie unterscheiden Sie das Adverb “seitdem” von der Kombination aus Verhältniswort und Artikel “seit dem”? Auch dafür gibt es eine Eselsbrücke. Da sich ein Hauptsatz mit dem Umstandswort “seitdem” immer auf einen anderen, vorangehenden Hauptsatz bezieht, müssen Sie lediglich prüfen, ob dieser Bezug gegeben ist. In diesem Fall müssen Sie “seitdem” also zusammenschreiben.

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