Changemanagement – Veränderungen als Chance begreifen

© Diana Meier-Soriat

Change, Wandel, Veränderung – es gibt kaum ein Unternehmen, das sich nicht in irgendeinem Reformprozess befindet. Die Megatrends Digitalisierung, Mobilität und Globalisierung, über die jahrelang vor allem gesprochen wurde, schlagen nun auf alle Branchen durch.

Sie als Sekretärin und Assistentin stecken mittendrin in all dem Umbruch. Mit Ihrer typischen Sandwichposition bekommen Sie die Reibungen in den Unternehmen besonders heftig mit: auf der einen Seite die Unternehmensleitung, die den Aufbruch feiert und der es gar nicht schnell genug gehen kann, auf der anderen Seite die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Neuerungen skeptisch und manchmal sogar ängstlich gegenüberstehen.

Nutzen Sie Ihre Rolle als Mittlerin und Kommunikatorin im Unternehmen, um im Changemanagement die Veränderungen zu moderieren und in die gewünschte Richtung zu lenken.

Wie stehen Sie selbst zur Veränderung?

Die Geschäftsleitung erwartet von Ihnen, dass Sie den Veränderungsprozess begleiten und mitgestalten. Voraussetzung dafür ist, dass Sie selbst von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Wandels überzeugt sind. Sonst wird es Ihnen schwerfallen, bei der Belegschaft Befürchtungen auszuräumen. Hinterfragen Sie also Ihre eigene Einstellung.

Veränderungen? Können Sie!

„Der Umbruch kommt“ und „Alles wird anders“ – kennen Sie solche Sätze? Bleiben Sie gelassen, solche Aussagen sind nur die halbe Wahrheit. Denn natürlich wird nicht alles anders. Ihr Unternehmen wird nicht von heute auf morgen eingestampft und dann komplett neu aufgestellt werden. Einige, wahrscheinlich viele Dinge werden gleich bleiben: die Kunden und Kundinnen, die grundsätzlichen Produkte (ein Unternehmen, das bisher Gartenmöbel produziert hat, wird nicht plötzlich auf Schmieröle umsteigen), die Kollegen und Kolleginnen … Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal den Arbeitsplatz gewechselt? Dann standen Sie damals wahrscheinlich vor größeren Veränderungen. Und sind Sie schon länger als Sekretärin oder Assistentin unterwegs? Dann liegt der ganz große Umbruch mit der Einführung des Computers oder der zunehmenden Kommunikation über digitale Kanäle bereits hinter Ihnen.

Auch wenn Sie den Wandel nicht unterschätzen und die Entwicklungen wachsam beobachten sollten: Für Panik besteht kein Grund.

Was wissen Sie über die geplanten Neuerungen?

Unsicherheit erzeugt Angst. Unsere Fantasie neigt dazu, sich die Zukunft in den schlimmsten Farben auszumalen, weil wir nicht wissen, was kommt. Dagegen hilft: Wissen. Wenn Sie verstehen, wie der Wandel konkret aussehen soll, verliert er viel von seinem Schrecken. Fragen Sie also nach: Was soll eigentlich verändert werden? Und warum?

Je mehr Sie über die Pläne erfahren, desto eher können Sie nachvollziehen, wie die Vision der Geschäftsleitung aussieht. Dann können Sie sich darauf einrichten, das Positive für sich erkennen und sich auf die Veränderungen vorbereiten. Bringen Sie also so viel wie möglich über die anstehenden Neuerungen in Erfahrung: Was hat Ihr Chef vor? Welches Ziel verfolgt er? Wie weit hat er geplant und was genau hat er geplant?

Sehen Sie die Chancen

Ausgestattet mit Ihrem neuen Wissen überprüfen Sie zunächst Ihre eigene Situation: Inwieweit ist Ihre Position von den Veränderungen betroffen? Welche Tätigkeiten werden voraussichtlich wegfallen? Welchen Anteil Ihrer Arbeitszeit nehmen diese Aufgaben ein? Ist möglicherweise Ihr Arbeitsplatz gefährdet?

Nutzen Sie aber auch die Chancen, die der Wandel mit sich bringt: Welche Aufgaben könnten Sie für sich neu erschließen? Brauchen Sie dafür neue Kenntnisse und Fähigkeiten? Wenn ja: Wie können Sie diese erwerben? Können Sie eventuell in einem anderen Bereich neu durchstarten?

Wappnen Sie sich also selbst für die Veränderungen! So gewinnen Sie die Sicherheit, die Sie im Dialog mit Ihrem Vorgesetzten sowie den Kolleginnen und Kollegen brauchen.

Was erwartet und braucht Ihr Chef?

Eine erhebliche Anzahl von Veränderungsprozessen in Unternehmen scheitert. Und in vielen Fällen liegt das nicht am Widerstand der Belegschaft, sondern an der Führungsetage. Dafür ist es noch nicht einmal notwendig, dass der Chef (im mittleren Management) den Wandel aktiv hintertreibt. Es reicht, wenn er seine Führungsaufgabe nicht richtig erfüllt. Ihre Aufgabe ist es, ihn aktiv zu unterstützen.

Was wird von Ihrem Chef erwartet?

Eine Studie der Unternehmensberatung Mercer, deren Ergebnisse 2017 in der Zeitschrift „changement“ veröffentlicht wurden, nennt als Hauptaufgaben von Führungskräften während des Change-Prozesses:

  • Veränderungen kommunizieren » Vertrauen schaffen, Mitarbeiter überzeugen und motivieren
  • Vorbild sein und die Veränderung vorleben
  • Sinn und Zweck vermitteln
  • Akzeptanz bei den anderen Führungskräften sicherstellen
  • Personen, Zeit und Ressourcen bereitstellen

Dies sind wesentliche Aufgaben Ihres Chefs, bei denen Sie ihn unterstützen können.

Ihr Chef muss den Kurs vorgeben

Es ist normal, dass Veränderungsprozesse gelegentlich sprunghaft und turbulent verlaufen. Das Unternehmen und alle Beteiligten betreten Neuland. Da gilt es, flexibel zu bleiben und auf die aktuellen Entwicklungen zu reagieren. Aber es darf nicht der Eindruck der Beliebigkeit entstehen. Ihr Chef muss in den Prozess ordnend eingreifen und die Veränderung vorleben.

Ihr Vorgesetzter ist dem Wandel von zwei Seiten ausgesetzt: Er muss strategisch auf externe Entwicklungen reagieren und intern Neuerungen umsetzen. Unterstützen Sie ihn dabei, auf dem Laufenden zu bleiben.

  • Externe Einflüsse:
    Besprechen Sie, welche Märkte, Strategien und Technologien für den Wandel von Bedeutung sind und wie Sie sicherstellen, dass Ihr Unternehmen keinen Trend und keine Neuerung verpasst. Halten Sie auch Kontakt zu wichtigen Bezugsgruppen wie Ihren Kunden und Geschäftspartnern und überlegen Sie gemeinsam, wie diese während des Veränderungsprozesses „mitgenommen“ werden können.
  • Interne Einflüsse:
    Kaum jemand kennt das Unternehmen so gut wie Sie. Weisen Sie Ihren Chef auf Schwierigkeiten hin: Die Belegschaft ist unzufrieden, der ausgewählten Software fehlt ein entscheidendes Feature, bei der Produktinnovation drohen rechtliche Schwierigkeiten … Bleiben Sie unbedingt sachlich und vermeiden Sie es, den Eindruck einer Bremserin zu hinterlassen. Im Idealfall haben Sie für jedes Problem, das Sie ansprechen, eine Lösung parat.

Halten Sie Ihren Chef auf dem Laufenden

Besonders wichtig ist die Fähigkeit Ihres Chefs, andere während des Change-Prozesses zu führen und zu motivieren. Richten Sie gemeinsam mit Ihrem Chef regelmäßige Termine ein, um den Stand der Dinge zu kontrollieren. Besprechen Sie, welche Informationen er dafür braucht, und beschaffen Sie diese vorab. Sorgen Sie dafür, dass Entscheidungen Ihres Vorgesetzten schnell umgesetzt werden. Halten Sie ihn über Fortschritte ebenso auf dem Laufenden wie über Widerstände in der Belegschaft oder bei den anderen Führungskräften. Wo muss er noch weitere Überzeugungsarbeit leisten?

Unterstützen Sie Ihren Chef organisatorisch

„Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“

Henry Ford, US-amerikanischer Unternehmer (1863–1947)

Besprechungsprotokolle und -beschlüsse, Zeit- und Budgetpläne, Strategiepapiere und Organigramme, Angebote und Verträge – in Change-Prozessen fallen jede Menge Informationen an. Ordnung in dieses Chaos zu bringen und dafür zu sorgen, dass alle Beteiligten Zugriff darauf haben, gehört zu Ihren Kernkompetenzen. Bitten Sie Ihren Chef, Sie so intensiv wie möglich in alle Vorgänge einzubinden, damit Sie sie systematisieren.

Die Veränderungen betreffen häufig die internen Strukturen eines Unternehmens. Machen Sie aktiv Vorschläge, wie sich Abläufe neu und besser organisieren lassen. Unterstützen Sie Ihren Chef dabei, die Organisation neu aufzustellen. Dokumentieren Sie diese Schritte, um sie für alle verständlich und nachvollziehbar zu machen.

Das hat für Sie einen großen Vorteil: Sie wissen frühzeitig von allen Plänen. Und Sie können sie mitgestalten. Wenn Ihr Unternehmen beispielsweise auf eine digitale Dokumentenverwaltung umsteigen will, können Sie sich mit Ihrer Erfahrung einbringen und die neue Ablage nach Ihren Wünschen mitgestalten.

Holen Sie Ihre Kollegen und Kolleginnen an Bord

Im Changemanagement kommen auf Sie mindestens genauso viele kommunikative wie organisatorische Aufgaben zu. Gute und stetige Kommunikation gehört zu den Erfolgsfaktoren in allen Change-Prozessen, während schlechte Kommunikation zu einer Verweigerungshaltung bei der Belegschaft führen kann.

Das ist verständlich, denn oft kommt es bei den Veränderungen zum Arbeitsplatzabbau. Kein Wunder also, dass sich schnell Furcht ausbreitet, wenn nicht genug miteinander geredet wird. Sie erinnern sich? Unsicherheit erzeugt Angst. Nutzen Sie Ihr neues Wissen und Selbstbewusstsein und unterstützen Sie Ihren Chef dabei, Ihre Kollegen und Kolleginnen im Change-Prozess einzubinden.

Vermitteln Sie den Nutzen des Wandels

Die Visionen und Vorstellungen Ihres Chefs transportieren, Unklarheiten und Unsicherheiten abbauen, Motivation sicherstellen – hierbei können Sie Ihre Stärken voll ausspielen. Planen Sie Veranstaltungen, auf denen erläutert wird, was Ihr Chef genau plant, etwa ein Kick-off-Meeting. Und versenden Sie einen regelmäßigen Statusbericht zu laufenden Projekten an alle. Machen Sie deutlich: Veränderungen sind kein Selbstzweck, sondern sollen die Zukunft des Unternehmens sicherstellen. Das ist grundsätzlich etwas Positives. Denn der Markt, der Wettbewerb verändern sich auch und Unternehmen, die sich nicht anpassen, gehen früher oder später unter.

Nehmen Sie alle mit

Im Film „Hidden Figures“, der von afroamerikanischen Mathematikerinnen bei der NASA erzählt, gibt es eine wunderbare und lehrreiche Szene: Dorothy Vaughan leitet eine Abteilung, in der Frauen Berechnungen für Ingenieure durchführen. Eines Tages steht sie vor ihren Mitarbeiterinnen und berichtet von der neuesten Errungenschaft der Weltraumbehörde: einem IBM-Computer. Allen ist sofort klar, dass diese Anschaffung ihre Jobs gefährdet. Und was macht Dorothy? Sie besorgt sich Fachliteratur und schult ihre Mitarbeiterinnen darin, die riesenhafte Rechenmaschine zu bedienen. Ein voller Erfolg: Einige Zeit später wechseln alle Damen die Abteilung, um fortan den IBM-Computer mit Daten zu füttern. Und Dorothy bekommt nicht nur die lang verdiente Anerkennung, sondern auch den Auftrag, weitere Damen zu schulen.

Ihr Geheimnis: Sie hat die Situation analysiert und überlegt, wie eine Lösung für alle aussehen kann. Sie nimmt alle Kolleginnen mit und sucht sich aktiv Verbündete. Sie arbeitet mit dem Wandel und nicht gegen ihn. Und schafft so für alle eine Möglichkeit, in der Institution weiterzuarbeiten.

Wie geht es für die Kollegen und Kolleginnen weiter?

Zeigen Sie gemeinsam mit Ihrem Chef und der Personalabteilung den Kolleginnen und Kollegen, wo künftig im Unternehmen Personalbedarf bestehen wird. Organisieren Sie Schulungen und Seminare, die dabei helfen, Wissenslücken zu schließen und für den neuen Job fit zu werden.

Nicht immer werden sich Entlassungen vermeiden lassen. Drängen Sie bei Ihrem Chef darauf, dass die betroffenen Kollegen und Kolleginnen so früh wie möglich informiert werden. Überlegen Sie, wie das Unternehmen sie darin unterstützen kann, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Dass alle Betroffenen rechtzeitig Zeugnisse erhalten und für Vorstellungsgespräche oder Termine beim Arbeitsamt freigestellt werden sollten, versteht sich von selbst. Vorgesetzte, die sich hier rücksichtslos verhalten, verlieren schnell das Vertrauen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die im Unternehmen verbleiben

Stellen Sie Vorgänge gemeinsam um

Menschen wollen nicht nur Befehlsempfänger sein, sondern den Wandel mitgestalten. Wenn die Veränderung von oben verordnet wird, besteht schnell die Gefahr, dass das Vorhaben scheitert. Richten Sie Informationsrunden ein, in denen Ihr Chef nicht nur über die anstehenden Veränderungen spricht, sondern auch zuhört und sich die Vorschläge der Kollegen und Kolleginnen anhört. Ein World Café beispielsweise ist eine gute Veranstaltungsform, bei der alle ihre Ideen einbringen können.

Auch sonst sollten Sie die Innovationskraft in der Belegschaft nutzen und Ideen abfragen: Installieren Sie einen Briefkasten für Verbesserungsvorschläge, veranstalten Sie einen Ideenwettbewerb, richten Sie Kreativitätsworkshops aus … Von solchen Maßnahmen profitieren alle: Die Mitarbeiter können sich aktiv einbringen und das Unternehmen hebt einen Schatz an Vorschlägen, wie Arbeit, Produkte und Projekte verbessert werden können.

Checkliste

Um während eines Veränderungsprozesses jederzeit gut und sinnvoll kommunizieren zu können, ist es wichtig, dass Sie den Überblick behalten. Nur dann sind die Informationen, die Sie weitergeben, jederzeit valide. Und nur dann bauen Sie Vertrauen auf.

  • Was ist geplant?
  • Was ist das Ziel der Veränderung? Welchen Zweck erfüllt das Vorhaben?
  • Was soll sich konkret verändern: Prozesse, Produkte, Produktion, Zielgruppen etc.?
  • In welchen Schritten soll der Wandel vollzogen werden?
  • Wie lange soll es dauern, bis das Unternehmen die Veränderung komplett durchlaufen hat? Wie sieht der konkrete Zeitplan aus? Welche Meilensteine sollen bis wann erreicht sein?
  • Wie sollen die Veränderungen konkret eingeführt werden? Wer ist wofür konkret verantwortlich?
  • Welche Ressourcen (Zeit, Geld, Personal) stehen für den Veränderungsprozess zur Verfügung?
  • Wie sollen die Veränderungen dokumentiert werden?
  • Wie sollen die einzelnen Schritte kommuniziert werden? Wie sollen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Veränderungsprozess eingebunden werden?
  • Sind Veranstaltungen geplant, um die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über die Veränderungen zu informieren?
  • Wie sollen Ideen, Vorschläge und Kritik von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesammelt werden?
  • Welche Abteilungen sind betroffen? Wann wird es je Abteilung so weit sein?
  • Welche neuen Aufgaben kommen auf die Kolleginnen und Kollegen zu?
  • Welche neuen Kenntnisse und Fertigkeiten werden für die neuen Aufgaben gebraucht?
  • Wie sollen die Kolleginnen und Kollegen darauf vorbereitet werden? Wann sollen entsprechende Maßnahmen durchgeführt werden?
  • Welche Kollegen und Kolleginnen werden vom Wandel betroffen sein? In welcher Form?
  • Wird es voraussichtlich Entlassungen geben? Wer wird betroffen sein? Wann wird es zu den Entlassungen kommen? Gibt es Unterstützungsangebote für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen? Wenn ja, welche?

Die Autorin Cordula Natusch ist Chefredakteurin des sekretaria-Magazins, freie Texterin und Redakteurin für Unternehmenskommunikation sowie Bloggerin bei www.arbeiten-im-sekretariat.de.
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