Karrierebooster für die Assistenz

Karrieren sind auch im Assistenzbereich möglich. Und der Anreiz ist groß. Schließlich locken interessante Aufgaben, viel Verantwortung und oftmals auch mehr Geld. Selbst bis ins Management, bis zum Chief of Staff, können die Laufbahnen führen. sekretaria sprach mit Karrierecoach Jale Ernst über die Möglichkeiten und die Hindernisse, denen sich ehrgeizige Assistenzen stellen müssen.

Jale Ernst

ist systemischer Business-Coach (dvct-geprüft) sowie Karriere- und Orientierungscoach mit Schwerpunkt im Assistenzbereich. Als Assistentin gestartet führte ihr Weg sie über die Referentenrolle bis zur Führungskraft und Beraterin. Sie unterstützt unter anderem mit Fokus auf den Assistenzbereich Menschen in ihrer Weiterentwicklung beispielsweise durch Standortanalyse, LINC-Profile (Stärken erkennen und weiterentwickeln), Setzen von Miles Stones und Unterstützung beim Verlassen der Komfortzone.
www.jale-ernst-coaching.com

sekretaria Magazin: Wie sehen moderne Karrieren heutzutage angesichts flacher Hierarchien und agiler Arbeitsstrukturen aus?

Jale Ernst: Die erste Frage, die ich meinen Coachees stelle, ist: „Was bedeutet für Sie Karriere?“ Die Antworten sind sehr unterschiedlich und hängen nicht allein von Titel, Positionen mit/ohne Führungsverantwortung oder Gehalt ab. Daher ist die Frage so allgemein nicht zu beantwortet.

Wenn wir auf flache Hierarchien und agile Arbeitsstrukturen schauen, ist klar zu erkennen, dass Mitarbeitende mehr Aufgaben und Verantwortung übernehmen. Eigeninitiative und hohe Flexibilität sind gefragt, man ist präsenter, das heißt oftmals näher dran am Management. Das hat den Vorteil, dass man mit seinen Stärken glänzen kann. Die Strukturen und der Rahmen sind nicht so eng vorgegeben, das hat Vor- und Nachteile.

Diese Arbeitswelt ist aber nicht für jeden geeignet und manche orientieren sich um, da sie sich mit dem Umfeld nicht identifizieren können. Teilweise möchten Unternehmen einen Start-up-Charakter in ihre Arbeitswelten bringen. Das gelingt aber nicht immer gut und passt teilweise auch nicht zum Unternehmen und den Werten. Daher gilt auch hier: Jeder muss für sich ein Umfeld finden, in dem er sich wohlfühlt. Das heißt nicht, dass man dies zwangsweisen bei „modernen Karrieren“ und „agilen Arbeitswelten“ wiederfindet bzw. man sich hier schneller weiterentwickeln kann.

Was sind auch heute noch typische Karrierehindernisse für Frauen? Was kann die Assistenz selbst tun, um diese zu umgehen?

„Tue Gutes und sprich darüber“ – das wird zu wenig gelebt. Die Assistenz ist meist zu bescheiden, was ihre eigene Rolle betrifft, und fällt daher nicht auf. Sie macht ihren Job gut, das Büro läuft, alles prima. Wir wissen jedoch alle, es steckt mehr dahinter. Wer hält die Fäden zusammen, wer jongliert mit vielen Bällen, wer ist das Sprachrohr zwischen Chef und Team, wer hält den Chef bei Laune, wer bringt Ideen in die Abläufe und Organisation rein etc.? Das sind in der Regel die Assistenzen! Sprechen Sie über Ihre Erfolge. Was ist Ihnen besonders gut gelungen? Was haben Sie verändert? So schaffen Sie mehr Wahrnehmung und stärken das Bewusstsein in Bezug auf Ihre Leistung.

Was muss in den Unternehmen geschehen, um Karrierehindernisse zu beseitigen?

Unternehmen bzw. Führungskräfte müssen verstehen, was ihre Mitarbeitenden bewegt und motiviert. Der Fokus sollte auf Potenzialentwicklung liegen. Meistens beschäftigen sich Führungskräfte mit dem, was nicht funktioniert und wo Schwächen sind, statt die Stärken weiterzuentwickeln. Besonders im Assistenzbereich steckt viel Potenzial. Es wird oft nicht erkannt bzw. verstanden, dass auch die Assistenz sich aus ihrer Rolle heraus weiterentwickeln möchte und kann. Sie ist eine Generalistin, die viele Stärken und Fähigkeiten für einen großen und vielfältigen Aufgabenbereich mitbringt. Eine Assistenz mit großer Empathie und Lösungsorientierung, die Spaß an ihrer Arbeit hat und zudem Verantwortung übernehmen will: Hier steckt das Potential für eine angehende Gruppen- oder Teamleitung. Assistenzen, die weit über den Tellerrand hinausschauen können, sehr gut koordinieren und Dinge vorantreiben können: Sie bieten sich für Projektleitungen an. Es lassen sich viele Beispiele finden, wo ich Assistentinnen in ihrer Weiterentwicklung begleitet habe.

Wie kann die Assistenz mit Brüchen im Lebenslauf umgehen? Sind solche Brüche heutzutage überhaupt noch ein Problem?

Sei es, dass man eine Auszeit genommen hat oder sich mal in einer anderen Rolle ausprobieren wollte: Brüche im Lebenslauf sollte man mit Blick auf die Motivation dahinter erklären und idealerweise aufzeigen können, was man Positives für sich daraus ziehen konnte. Brüche werden nicht mehr so stark hinterfragt oder negativ bewertet, wie es noch vor einigen Jahren war. Aber die Motivation dahinter zu verstehen, ist den meisten Recruitern schon wichtig.

sekretaria Magazin Ausgabe Januar 2024
Mehr zu Ihren Karriermöglichkeiten als Assistenz lesen Sie in der Februar-Ausgabe des sekretaria Magazins. Fordern Sie jetzt Ihr kostenloses Probeexemplar an!

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Karrierebooster? Was sollte eine Frau mitbringen, wenn sie Karriere machen will?

Klarheit über das, was sie will. Folgende Fragen können dabei helfen:

  • Was bedeutet für mich Karriere, was ist der Anreiz und die Motivation?
  • Welche Stärken möchte ich entwickeln bzw. in meinem Job leben können?
  • Was verändert sich für mich, wenn ich mein Ziel erreicht habe?
  • Was gewinne ich? Worauf verzichte ich gegebenenfalls?
  • Was bin ich bereit, dafür zu investieren?

Ein wichtiger Booster ist immer das Netzwerk. Man braucht oftmals „Door Opener“, jemanden der jemanden kennt. Zudem ich es wichtig, die Führungskraft oder die Mentoren wissen zu lassen, dass man sich eine Weiterentwicklung wünscht und bei geeigneten Vakanzen berücksichtigt werden möchte.

Klarheit, Proaktivität, Wahrnehmung sicherstellen und Netzwerken – das sind unter anderem Booster für die Karriere. Und es ist wichtig, dass die Assistenz für sich ein Ziel bzw. einen Traum verfolgt. Dass sie dranbleibt, auch wenn es nicht auf Anhieb funktioniert. Durchhaltevermögen und hohe Eigenmotivation sind gefragt, aber am Ende lohnt es sich!

Vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Cordula Natusch. Sie ist Chefredakteurin des sekretaria-Magazins, freie Texterin und Redakteurin für Unternehmenskommunikation sowie Bloggerin bei www.arbeiten-im-sekretariat.de.
www.redaktion-natusch.de