Anrede unter Kollegen: Duzen oder siezen und richtig gendern

Anrede unter Kollegen – nicht immer einfach!
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Die Anrede unter Kollegen sorgt häufiger für Stirnrunzeln – und das auf mehreren Ebenen. Zum einen geht es um die gelegentlich sehr knifflige Frage, ob Sie jemanden duzen oder siezen. Zum anderen müssen Sie als Assistentin überlegen, wie Sie Kolleginnen und Kollegen in Texten gleichberechtigt, also gendergerecht ansprechen. Grund genug, genauer auf die Anrede unter Kollegen zu schauen.

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Duzen oder siezen? Wie sprechen Sie Kollegen an?

Ob sich Kollegen untereinander duzen oder siezen, hängt von vielen Faktoren ab. Dazu gehören:

  • Unternehmenshierarchie: Wie stark ist die Hierarchie im Unternehmen ausgeprägt? Je hierarchischer die Strukturen sind, desto eher siezen sich die Mitarbeiter untereinander. Bei flachen Hierarchien wird häufiger geduzt.
  • Alter: Wie alt sind die Kollegen? Viele ältere Kollegen legen Wert auf eine formelle Ansprache und bevorzugen das Siezen. Bei Jüngeren kommt das Duzen oft besser an.
  • Branche: In welcher Branche ist das Unternehmen tätig? Auf dem Bau wirkt es unpassend, jemanden zu siezen. In einer Bankfiliale hingegen nicht.
  • Es wird bereits geduzt: Duzen sich alle anderen Kollegen schon? Dann hinterlässt es einen komischen Eindruck, wenn nur ein Kollege gesiezt wird.
  • Wünsche der Führungskräfte: Vorgesetzte hingegen wollen oft, dass alle Mitarbeiter sie siezen. Dahinter steckt die Befürchtung, sie könnten sonst an Macht und Einfluss verlieren.

Eine Frage der Unternehmenskultur

Duzen oder siezen – es ist also von Fall zu Fall unterschiedlich, welche Ansprache angemessen ist. Bei der Entscheidung spielt die Unternehmenskultur immer eine wichtige Rolle. In Firmen, in denen generell eine lockere Atmosphäre herrscht, duzen sich die Mitarbeiter auch eher. Flache Hierarchien, Jeans und Pulli statt Krawatte und Businessdress – in einem solchen Umfeld wirkt das Siezen fast schon unangemessen. Die Duz-Kultur spiegelt ein neues Verständnis vom beruflichen Miteinander: Inhalte stehen im Vordergrund, sie sind wichtiger als Unternehmenshierarchien. Ein freundschaftliches Betriebsklima soll den Rahmen für eine konstruktive und ergebnisorientierte Zusammenarbeit schaffen und die Produktivität fördern.

Vor- und Nachteile beim Duzen

Im Arbeitsalltag hat das Duzen ganz praktische Vorteile. Viele Mitarbeiter schätzen die Du-Anrede, weil man sich auf Augenhöhe begegnet. Das Du fördert das positive Miteinander und stärkt den Teamgeist im Unternehmen. Allerdings hat die geringere Distanz durch das Duzen auch eine negative Seite: In schwierigen Situationen oder Konflikten sinkt die Hemmschwelle, persönlich zu werden. Deshalb ist es in der Duz-Kultur besonders wichtig, dass alle höflich und wertschätzend miteinander umgehen.

Was spricht für das Siezen?

Genauso gibt es gute Gründe, die für das Siezen sprechen. Die Sie-Anrede schafft eine professionelle Distanz und sorgt mit dafür, dass die Hierarchien klar sind. Das Sie wirkt in der Anrede neutraler als das Du. Die Frage nach Sympathie oder Antipathie steht im Hintergrund. Im Gespräch bleibt man leichter auf der Sachebene. Das alles kann hilfreich sein, etwa in Konfliktsituationen oder wenn Vorgesetzte schwierige Entscheidungen in der Belegschaft vermitteln müssen. Nicht zuletzt empfinden viele die Sie-Anrede auch als respektvoller.

Nutzen Sie Ihre Vorbildfunktion im Unternehmen

Egal, ob Ihr Unternehmen auf das Siezen oder das Duzen setzt: Als Assistentin haben Sie eine Vorbildfunktion. Sie sollten darauf achten, dass alle Kollegen eingebunden sind. Das gilt besonders für neue Mitarbeiter. Üblicherweise werden sie mit dem Nachnamen vorgestellt und sind dann eine Zeit lang die einzigen, die gesiezt werden. Brechen Sie das Eis und bieten Sie in diesen Fällen bald das Du an, am besten wenn andere Kollegen dabei sind. Die können dann gleich nachziehen. Umgekehrt können Sie durch gezieltes Siezen etwa bei Auszubildenden zeigen, welche Umgangsformen in der Firma üblich sind.

Wer darf das Du anbieten?

Für große Unsicherheit sorgt oft die Frage: Darf ich das Du anbieten? Wer die Gepflogenheiten kennt, vermeidet peinliche Situationen. Im Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern ist es klar: Hier muss das Angebot zum Duzen vom Ranghöheren kommen. Stehen zwei Kollegen auf derselben Hierarchieebene, sollte die- oder derjenige mit der längeren Betriebszugehörigkeit das Du anbieten. Während im Privatleben der oder die Ältere das Anbieten übernimmt. Sind Sie und Ihr Gegenüber in etwa gleich lang in der Firma (im Privaten: etwa gleich alt), kann das Duzen von beiden Seiten ausgehen.

Siezen oder duzen im Kundenkontakt?

Es versteht sich, dass Sie Kunden grundsätzlich siezen sollten. Nur wenn das Geschäftsverhältnis schon sehr lange und auf einer sehr persönlichen Ebene besteht, kann ein Du angemessen sein. Das Angebot, einander zu duzen, sollte immer vom Kunden kommen.

Duzen ist keine Pflicht, Siezen ist okay

Grundsätzlich gibt es natürlich kein Recht auf ein Du. Vielleicht wollen Sie als Assistentin lieber auf das Duzen verzichten, auch wenn es Ihnen vom Chef oder von einem Kollegen angeboten wird. Das ist legitim. Immerhin nehmen Sie eine Sonderstellung ein und haben es mit vielen vertraulichen Informationen zu tun. Da kann das Duzen die nötige Distanz erschweren. Siezen oder Duzen – das ist also manchmal auch eine Frage der Professionalität. Wenn nötig, lehnen Sie den Wunsch nach dem Du höflich, aber bestimmt ab: “Es ist sehr nett, dass Sie mir das Du anbieten. Ich möchte aber lieber beim Sie bleiben.” Immer gilt: Wenn ein Kollege gesiezt werden will, ist dieser Wunsch unbedingt zu respektieren.

Ein guter Kompromiss: das “Hamburger Sie”

„Vanessa, haben Sie kurz Zeit für mich?“ „Gerne, Frau Asmussen! Ich komme gleich zu Ihnen.“ Diese Anrede hört man oft, wenn Vorgesetzte mit Mitarbeitern oder ältere mit jüngeren Kollegen sprechen: Beide Gesprächspartner bleiben beim Sie, die Chefin bzw. der Ältere spricht das Gegenüber aber einseitig mit dem Vornamen an.

Dieses sogenannte Hamburger Sie eignet sich nicht nur für Gesprächssituationen mit Hierarchie- oder Altersgefälle. Wenn alle im Unternehmen sich auf diese Weise anreden, kann das ein guter Mittelweg zwischen Duzen und Siezen sein: Die Ansprache ist persönlicher als das „echte“ Sie. Gleichzeitig wahrt man die höfliche Distanz, die viele mit dem Siezen verbinden.

Gendergerechte Anrede: Liebe Kolleginnen und Kollegen

Noch kniffliger ist die Anrede in der schriftlichen Kommunikation. Schreiben der Geschäftsleitung beginnen oft mit “Liebe Mitarbeiter” oder “Liebe Kollegen”. Das kommt bei manchen Mitarbeiterinnen und Kolleginnen nicht gut an. Sie fühlen sich durch die männliche Anrede nicht angesprochen. Stattdessen wünschen sie sich eine geschlechterneutrale – der Fachbegriff ist gendergerechte – Ansprache. Aber welche Möglichkeiten zum Gendern gibt es? Und wann sind die unterschiedlichen Formulierungen angemessen?

Praktische Lösungen und Tipps zum Gendern

Eine Patentlösung gibt es beim Gendern nicht. Die gendergerechte Anrede können Sie mit verschiedenen Schreibweisen umsetzen. Doch nicht alle sind gleich gut für die Kommunikation im Unternehmen geeignet. Viel hängt vom Unternehmensklima und vom Inhalt Ihres Schreibens ab. Wir stellen Ihnen einige Möglichkeiten zum Gendern vor und geben Tipps für die Anwendung.

1. Doppelnennung: “Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen”

Mit einer Anrede wie “Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter” oder “Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen” sprechen Sie beide Geschlechter gesondert an. Das ist aus unserer Sicht die eleganteste und beste Lösung für eine gendergerechte Ansprache. Allerdings kann es schwierig sein, das in einem kompletten Brief durchzuhalten. Denn dann müsste es auch gendergerecht weitergehen mit Formulierungen wie diesen: “für unsere Kunden und Kundinnen”, “gemeinsam mit den Trainerinnen und Trainern” etc. Das kostet viel Platz und ist nicht besonders leserfreundlich.

2. Geschlechtsneutrale Wörter: Mitarbeitende und Co.

Oft weichen Unternehmen, die ihre Schreiben gendern möchten, auf neutrale Begriffe wie Mitarbeitende oder Studierende aus. Das kann aber schnell gewollt und bürokratisch wirken. Diese Begriffe sind einfach nicht üblich. Leser finden sie befremdlich.

3. Sparschreibung: Mitarbeiter/-innen und Ähnliches

Immer häufiger liest man Konstruktionen mit Schrägstrich, Klammern oder einem großen Binnen-I: Mitarbeiter/-innen, Mitarbeiter(innen), MitarbeiterInnen oder sogar Kollegen/innen, Kollegen(innen), KollegenInnen. Diese Schreibweisen sparen zwar Platz. Aber sie sind unpassend, denn damit sprechen Sie letztlich keines der Geschlechter richtig an. Auch solche Konstrukte wirken also auf den Leser befremdlich. Außerdem sind einige nach den Regeln der amtlichen Rechtschreibung schlicht falsch. Von den genannten sind nur Mitarbeiter/-innen (mit Bindestrich!) und Mitarbeiter(innen) offiziell korrekt.

4. Gender-Sternchen: Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen

Sind die Menschen in Ihrem Arbeitsumfeld für die gendergerechte Sprache aufgeschlossen? Dann können Sie auf das Gender-Sternchen ausweichen: Mitarbeiter*innen, Kolleg*innen. Aber Achtung: Nach der offiziellen Rechtschreibung sind auch diese Schreibweisen nicht korrekt. Staatliche Institutionen dürfen sie also nicht ohne Weiteres benutzen. Alle anderen können damit zeigen, das ihnen das Gendern am Herzen liegt. Achten Sie aber darauf, dass Sie das Sternchen an die richtige Stelle im Wort setzen. Die Form “Kollegen*innen” ist unüblich. Die sollten Sie nicht verwenden.

5. Zwanglose Gruppenanreden: “Hallo zusammen” oder “Liebe alle”

Eine gute Möglichkeit für schnelle Meldungen sind Anreden wie “Hallo zusammen” oder “Liebe alle”. Dabei stellt sich die Frage einer gendergerechten Ansprache gar nicht. Solche Formulierungen kommen aber nur infrage, wenn die Kommunikation im Unternehmen ohnehin sehr locker ist. Für offizielle Anschreiben der Geschäftsleitung oder schlechte Nachrichten sind sie nicht angemessen.

6. Generisches Maskulinum: männliche Wörter für beide Geschlechter

Werden ausschließlich männliche Wortformen für beide Geschlechter benutzt, spricht man vom generischen Maskulinum. Oft wird z. B. in Broschüren ein Hinweis eingedruckt, dass die männlichen Begriffe Frauen einschließen. Wenn gendergerechte Sprache ein Thema in Ihrem Unternehmen ist, reicht diese Variante sicher nicht aus. Denn vielen Frauen genügt es nicht, nur “mitgemeint” zu sein.

Einheitliche Vorgaben erleichtern das Schreiben

Nehmen Sie die Diskussion ums Gendern und geschlechtergerechte Formulierungen im Unternehmen auf. Einigen Sie sich intern auf  einheitliche Schreibweisen. Für welche Variante Sie sich entscheiden, ist abhängig von der Unternehmenskultur und der Branche. Nutzen Sie zudem alle weiteren Möglichkeiten, Ihre Kommunikation gendergerecht zu gestalten:

  • Weibliche Berufsbezeichnungen nutzen: Verwenden Sie bei Mitarbeiterinnen immer die weibliche Berufsbezeichnung. Schreiben Sie also z. B. “Frau Müller, Ihre Expertin für …”.
  • Geschlechter gleichberechtigt nennen: Achten Sie darauf, dass Männer und Frauen in Ihren Texten gleichberechtigt auftauchen und behandelt werden.
  • Geschlechtsspezifische Formulierungen vermeiden: Oft kann man die Probleme durch einfaches Umstellen und Umformulieren des Satzes vermeiden. Statt “Unsere Kunden (und Kundinnen) sind zufrieden” können Sie auch “Wer bei uns kauft, ist zufrieden” schreiben.