Eventmarketing im Umbruch

Was tut sich in der Veranstaltungsbranche? Wie hat sich die erzwungene Auszeit durch die Corona-Pandemie auf Events ausgewirkt? Darüber hat sekretaria mit Dominik Markoč von der Eventagentur Servicebroker gesprochen.

Dominik MarkocDominik Markoč
ist Gründer und Geschäftsführer der Eventagentur Servicebroker, leidenschaftlicher, professioneller Event Designer und Gastgeber. Sein Berufscredo lautet: Mehr Gefühl für Service!

sekretaria Magazin: Herr Markoč, wie hat sich die Eventbranche durch die Corona-Pandemie verändert?

Markoc: Die Pandemie hatte auf die Eventbranche besonders starke Auswirkungen. Immerhin hatten wir zwei Jahre lang Berufsverbot. Die Erfahrungen zeigten ja, welche schlimmen Auswirkungen das Virus auf Massenveranstaltungen hatte, und es war klar, dass wir bestimmte Zielgruppen schützen mussten: vor allem die älteren Gäste, etwa Alt-Vorstände, Menschen der Generation 65+, die auf Gala-Events, Kongressen oder Jubiläen oft dabei sind. In dieser Zeit gab es unserer Branche viele Ideen und Bemühungen. Beispielsweise haben wir diskutiert, ob wir nicht in öffentlichen Parks Outdoor-Tagungen für Kunden veranstaltet können. Als dann die Beschränkungen mehr und mehr aufgehoben wurden, gab es ein wirklich starkes Aufblühen unserer Branche. Institutionen, große Konzerne, aber auch der deutsche Mittelstand – alle wollten sich unbedingt wieder treffen.

Bedeutet das, dass die ewige Diskussion, ob Events überhaupt wirtschaftlich sind, sich damit erledigt hat?

Ja, das ist eindeutig! Vor Corona war die Messbarkeit ein großes Thema. Industrie und Wirtschaft fragten, wie wichtig Kongresse, Tagungen, Jubiläen, Weihnachtsfeiern, Messen und Incentives überhaupt seien. Über die Bedeutung des Eventmarketings im Marketingmix wurde über Jahre hinweg diskutiert. Außerdem gab es vor der Pandemie im Eventmanagement und -design eine Tendenz, sich stark zu verfeinern. Alteingesessene Agenturen fragten sich: „Wo können wir noch etwas herauskitzeln?“ Alles wurde immer komplexer. Heute steht das einfache Bedürfnis des Miteinanders klar im Fokus. Der Mensch möchte menscheln. Das hat immens gefehlt. Das hat eher mit dem Händedruck als mit Feinheiten zu tun.

Digitale oder hybride Events sind demnach kein adäquater Ersatz für analoge Veranstaltungen?

Auch wenn die Szene der digitalen Events das nicht gern hört: Uns ist allen klar, dass virtuelle Events oft schrecklich öde sind. Einfach einen sogenannten Digital Twin beispielsweise eines Messestandes aufzusetzen, funktioniert nicht. Vielmehr geht es bei digitalen Lösungen darum, in digitale Welte, zum Beispiel Metaversen, einzutauchen (immersiv sagen wir heute). Nicht, um dort Geschäfte zu machen, sondern um diese digitale Welt zu leben und zu erleben. Das ist aber ein Prozess, der noch viele Jahre dauern wird. Superinteressant ist hierbei die weitere Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Schon heute können wir Konferenzen veranstalten, bei denen auch Personen, die nur virtuell teilnehmen, beispielsweise mithilfe der KI und der Augmented Reality gemeinsam in Maschinen eintauchen können, etwa geführt von den Entwicklern. Solche Veranstaltungen sind aber sehr viel komplexer als die virtuellen Events, die im Internet als Standardplattformen angeboten werden.

Gerade aufgrund dieses technologischen Ausblicks halte ich hybride Events aus Gründen der Nachhaltigkeit für immens wichtig. Diese Lösungen werden parallel zu den analogen Events weiter an Bedeutung gewinnen.

Was bedeutet denn Nachhaltigkeit im Eventmanagement?

Aus unserer Sicht geht es in der Eventbranche in diesem Zusammenhang vor allem um Social Responsibility. Es geht darum, für Mensch und Natur Gutes zu tun, das zu zeigen und mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu teilen. Für ein Unternehmen haben wir kürzlich ein Sommerfest für über 350 Personen organisiert. Dabei wollten wir maximal nachhaltig sein im klassischen Sinn der Event-Nachhaltigkeit (bio, regional, saisonal, kurze Wege, geringer Energieaufwand etc.), aber auch maximal sozial. Da ging es dann um mehr als darum, den Energiebedarf zu reduzieren und Müll zu vermeiden. Vielmehr haben wir versucht, einen sogenannten grünen Faden zu spinnen. So verteilten wir zum Beispiel eine Schokolade, die gemeinsam von einem Weltladen und der Stadt gemacht wurde. Die Erlöse daraus gingen in die Kinder- und Jugendarbeit der Stadt. Mit dem Kaffee auf dem Event haben wir Menschen in Ecuador unterstützt, mit Marmeladen lokale Start-ups. Unser grüner Faden reichte sogar bis zum darauffolgenden Weihnachtsfest des Unternehmens. Teller und Besteck auf dem Sommerfest waren kompostierbar. Auf dem Kompost haben wir dann Rosmarin gepflanzt, daraus ein halbes Jahr später Rosmarinöl produziert und dies zu Weihnachten an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verschenkt.

Nachhaltigkeit ist in jedem Fall dringend notwendig im Eventbereich. Im Eventmarketing können wir mit einfachsten Mitteln nachhaltig und sozial tätig sein. Unternehmen haben hier eine Vorbildfunktion. Viele schreiten mutig voran und lassen sich von uns Nachhaltigkeitskonzepte für ihr Event-Management schreiben.

Welche Neuerungen werden wir bei den Eventformaten sehen?

Letztlich sprechen wir über die gleichen Eventformate vor der Pandemie mit dem Unterschied, dass wir mehr in das Miteinander investieren. Das klassische Format ist ja oft: Ich reise an und habe ein Abendessen. Am nächsten Tag nehme ich an einer Tagung teil und reise wieder ab. Heute gehen wir bei solchen Tagungen mit den Gästen raus in die Natur und veranstalten dort Workshops – oft zu nachhaltigen Themen. Durch Zoom und Microsoft Teams reden wir ohnehin täglich miteinander über das Business. Da ist die Frage, was man sich eigentlich noch zu sagen hat. Hier schaffen wir durch das interaktive Draußensein Mehrwert. Das Wir steht im Mittelpunkt, das gemeinsame Erleben. Mittlerweile findet die Hälfte unserer Tagungen in den Bergen, an einem See oder Ähnlichem statt.

Welche Rolle spielen Inflation, Rezession und Energiekrise?

Unsere Eventkunden schauen schon auf den Cent. Aber nicht in dem Sinne, dass sie knausrig sind. Sondern wir versuchen, wirklich das Beste aus dem Budget zu machen. Muss es wirklich ein Vier-Sterne-Haus sein oder erreichen wir unsere Ziele nicht auch in einem schicken Drei-Sterne-Hotel? Es geht mehr um das Sein als um den Schein. Hier sehen wir auch, dass die Hotellerie mitzieht. Die großen Hotelketten haben verstanden, dass sie ein Format unter den vier Sternen brauchen. Interessanterweise machen sie das über das Design.

Die Veranstaltungen werden zudem kleiner. Und die Wege kürzer. Die Unternehmen haben verstanden, dass die Fluganreisen nicht nur kostspielig sind, sondern auch den größten CO2-Ausstoß erzeugen. Und den müssen wir ebenso wie die Kosten reduzieren. Hier wird also wieder die Nachhaltigkeit wichtig.

Das hört sich an, als durchlaufe die Eventbranche einen Prozess der Besinnung auf Wesentliches.

Ja, ich denke, dass das Eventmanagement noch deutlich stärker zurück muss zur Gastfreundschaft. Natürlich gibt es immer noch die großen Shows, bei denen das Produkt im Mittelpunkt steht. Aber ich denke, dass das allein nicht reicht. Viel wichtiger sind das Miteinander, das Hinterfragen, welche Auswirkungen das Produkt auf mich als Käufer, aber auch auf die Umwelt hat. Welchen Einfluss haben wir alle in diesem System? Wo stehen wir und wie reagieren wir gemeinsam? Das Eventmanagement ist deutlich uneigennütziger geworden. Kunde ist nicht mehr allein König! In der sogenannten Dienstleistung gilt es nicht mehr, einem Dritten zu dienen und zu leisten. Human Centric war gestern. Heute schlägt Altruismus Egoismus. „Ganzheitlich“ ist längst kein Buzzword mehr! Es geht darum, die Welt, unsere Gemeinschaft mit Mensch und Natur zu betrachten. Wenn es nicht allen gut geht, läuft etwas falsch. In diesem Sinne pflegen wir als Eventagentur schon lange das fröhliche und genussvolle Zusammenspiel aller Eventteilnehmer, der Kunden, Gäste, aller beteiligter Gewerke und Stakeholder auf Kundenevents! Die Putzperle ist ebenso wichtig wie die Königin!

Vielen Dank für das Gespräch.

Mehr zu Herrn Markoč und seiner Eventagentur unter www.servicebroker.de